Warum Pflegekosten fester Bestandteil der Finanzplanung sein müssen
Die Zahlen haben es in sich: Rund 4,3 Millionen Bundesbürger erhielten Ende 2020 Leistungen von der sozialen Pflegeversicherung. Das zeigt eine Statistik des Bundesministeriums für Gesundheit.
Die Zahlen dürften im vergangenen Jahr weiter nach oben geklettert sein. Schon seit Jahren wächst die Zahl der Pflegebedürftigen hierzulande. Ein wichtiger Grund: Die Lebenserwartung und Alterung in Deutschland steigen, und damit nimmt das Thema Pflege quasi automatisch an Bedeutung zu.
Doch schaut man sich die aktuellen Zahlen einmal genauer an, wird deutlich: Das Thema Pflege betrifft längst nicht nur die ältere Generation. Denn laut der Berechnungen des Gesundheitsministeriums waren 23,7 Prozent der erfassten Pflegebedürftigen, das sind mehr als 1,02 Millionen Betroffene, noch keine 65 Jahre alt. Und mehr als eine halbe Millionen Personen mit einer Pflegegradeinstufung hatten das 50. Lebensjahr noch nicht erreicht. Rund 330.000 Pflegebedürftige waren sogar jünger als 30 Jahre.
Kein Wunder also, dass selbst auf der Homepage des Ministeriums zu lesen ist: „Pflegebedürftigkeit kann jede und jeden treffen.“ Sie ist keine Frage des Alters. Unfälle oder Erkrankungen können schließlich immer passieren. Was viele jedoch nicht wissen – oder möglicherweise auch nur ignorieren: Die gesetzliche Pflegeversicherung sichert lediglich die Grundversorgung ab. Weil die tatsächlichen Pflegekosten in der Regel deutlich höher ausfallen, ist eine zusätzliche private Vorsorge mehr als sinnvoll.
Unwissenheit schützt vor Zahlung nicht
Die Erfahrungen aus unserem Beratungsalltag zeigen, dass nur die wenigsten Verbraucher wissen, was an tatsächlichen Pflegekosten auf sie zukommen kann. Noch problematischer: Reicht das Geld des Pflegebedürftigen nicht aus, dann müssen Kinder für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen.
Welche enormen Kosten auf die Familienangehörigen zukommen können, hat der FPSB Deutschland einmal ausgerechnet: Bei einem Eigenanteilssatz von rund 2000 Euro, den Pflegebedürftige hierzulande durchschnittlich im Monat für die Betreuung im Heim zahlen müssen, ist noch lange nicht Schluss. Denn bei diesen Kosten handelt es sich um die reinen Unterbringungskosten. Aufwendungen für Mobilität, Medikamentenzuzahlungen und soziales Leben sind noch zu addieren, so dass von einem Durchschnittswert von mindestens 2.500 Euro monatlich ausgegangen werden sollte.
Das bedeutet, dass eine durchschnittliche Pflegezeit von sieben Jahren – Tendenz steigend – schnell zu Aufwendungen in Höhe von 210.000 Euro führt. Um über diese Summe zu verfügen, müssten – bei einer Rendite nach Kosten, Steuern und Inflation von drei Prozent – erhebliche Sparleistungen erbracht werden.
Hohe Aufwendungen und Sparleistungen sind nötig
Ein 40-Jähriger zum Beispiel muss pro Monat 360 Euro ansparen beziehungsweise einmalig 86.500 Euro aufbringen. Bei einer 50-jährigen Person wären es bereits 640 Euro monatlich beziehungsweise einmalig 116.300 Euro. Die Rechnung berücksichtigt nicht, dass die Teuerungsrate im Bereich Pflege und Gesundheit bedeutend höher ausfällt als die ausgewiesene Gesamtinflation. Aus diesem Grund sind die genannten 210.000 Euro ein Minimalwert.
Damit es also nicht ein böses Erwachen gibt, sollte sich jeder frühzeitig mit dem Thema Pflege auseinandersetzen. Denn ob jung oder alt, die meisten Deutschen übersehen die enormen finanziellen Belastungen, die sich aus einer Pflegesituation ergeben können.
Mehr als eine Teilabsicherung kann die Pflegekasse jedoch nicht bieten. Je höher die Ansprüche, desto eher ist eine zusätzliche private Absicherung nötig. Die private Vorsorge wird künftig noch wichtiger werden. Man sollte sie daher nicht auf die lange Bank schieben. Qualifizierte Beratung ist bei dem komplexen Thema empfehlenswert.
Risikoszenarien auf dem Prüfstand
Professionelle Finanzplaner geben Auskunft darüber, wie man sich und seine Familie richtig absichern kann und welche Produkte welche Vorteile bieten. Außerdem können die Experten die möglichen Unterhaltspflichten für Kinder und Eltern abschätzen und organisatorisch begleiten. Ein wesentlicher Aspekt der individuellen Finanzplanung ist auch das Durchspielen möglicher Risikoszenarien und deren Auswirkungen auf die Vermögenssituation. Zum Beispiel werden inflationäre Entwicklungen oder finanzielle Aufwendungen bei einer möglichen Pflegebedürftigkeit simuliert.
Quelle: Financial Planning Standards Board Deutschland e.V.